Immer neue Anbieter für digitale Lösungen drängen in die Filmwirtschaft. Mit ausländischen Apps und Software tauchen zusätzliche Probleme auf, die nicht durch einfache sprachliche Übersetzungen gelöst werden können. Zahlen- und Datumsformate, unterschiedliche Normen und ein abweichender rechtlicher Rahmen erhöhen die unübersichtliche Fehlerquote. Negativ fallen auch Lösungen auf, die nicht aus der Umsetzungspraxis, sondern auf dem Reißbrett entstehen. Vermeintlich disruptive Ideen bergen Probleme für Kunden im Bereich Compliance, Datenschutz und Geschäftsgeheimnis. Scheint eine Lösung eben noch eine gute Idee zur Verbesserung der eigenen Prozesse, kann schon morgen der Anbieter den gesamten Prozess selbst integrieren und damit die vormals eigene Wertschöpfung vernichten – inklusive Erfahrung und Fachwissen. Das gilt für Dienstleistungsangebote genauso wie für prozentische Leistungen. Nie wurde es Wirtschafts-Piraten einfacher gemacht.

Da ist dieser hippe, neue Anbieter mit einer wirklich praktischen Lösung für ein nerviges Problem? Wäre es für den Sender nicht praktisch, eine Einreichkalkulation mit anderen, vergleichbaren Drehbüchern, KI-gestützt zu vergleichen? Viel schneller könnten Entscheidungen getroffen werden und auch die Begründung für Budgetentscheidungen wären für Prüfer und Rechnungshöfe endlich klar erfassbar. Ach ja, Filme sind ja alles Einzelstücke und nicht vergleichbar. Warum sollte so etwas also eingeführt werden – in Zeiten von Kosten- und Reformdruck?

Dann diese neue App eines Startups, mit der jeder einfach eingecheckt werden können soll – grün und simple. Soll-Ist-Vergleiche und die komfortable Verwaltung am Set sind einfach fantastisch. Die Daten aller Beteiligten werden vom neuen Anbieter erfasst, wie bei den bisherigen Dienstleistern auch, also fast. Den kleinen Disclaimer, dass die Daten bei der App verbleiben und auch dort weiter genutzt werden dürfen, übersieht man leicht. Bei der nächsten Produktion übernimmt dann vielleicht die App oder ein Schwesterunternehmen die Direktansprache – und Personalbeschaffer, Agenturen oder Generalunternehmer bleiben außen vor. Disruptiv eben. Ein ähnliches Kräfteverhältnis gibt es bereits heute zwischen den auftraggebenden Sendern und Streamern gegenüber dem Auftragsproduzenten, wenn Autor*innen und Kreative direkt verpflichtet werden. Dort handeln aber im vollen Bewusstsein Profis, mit juristischer Begleitung und in Chancen-Risiko- bzw. Risikofolgenabschätzung, in der Regel sogar in Entscheider-Teams.

Es ist nicht Technologie oder die Möglichkeiten der KI, die Produktionswirtschaft bedrohen. Das mag sich ändern, wenn sich, wie in Sora andeutet, der Programminhalt komplett künstlich generieren lässt. Die aktuellen Bedrohungen für Unternehmen und Arbeitsplätze kommen von der Seitenlinie: Junge, engagierte Gründer*innen, deren Produkte und Lösungen nicht die rechtlichen Anforderungen erfüllen, nicht ausreichend geprüft sind und damit Risiken auf Produktionsfirmen bzw. Auftraggeber generieren. Noch viel schlimmer, da Haftung auch bei handelnden Personen liegt, also bei den Entscheidungsträgern, die sich von einer Kurzpräsentation begeistern lassen und dann fatale Entscheidungen treffen. Heute umso schmerzhafter, da Compliance ein wesentlicher Bestandteil nichtfinanzieller Berichts- und Dokumentationspflichten im Rahmen der Nachhaltigkeit darstellen.

Also ist Technik doch böse? Nein, natürlich nicht. Kompetenzträgerinnen und -träger, die Prozesse und Sachverhalte umfassend durchdrungen haben, mit entsprechender rechtlicher Begleitung digitale Lösungen schaffen, helfen, Geschwindigkeit zu erhöhen, Fehler zu reduzieren und Kosten zu senken. Das schließt natürlich auch die Digitallösungen ein, die bereits seit Jahren am Markt sind und deren Produkte in zahlreichen Überprüfungen und Audits bestehen konnten. Der Digitale Arbeitsvertrag, Cinelytics oder auch Yamdu sind hier positive Referenzprojekte, wie Ideen wirklich gut und nachhaltig umgesetzt wurden.

Schreibt uns gerne, wenn wir auf Ensider.de Lösungen und Anbieter mit Vor- und Nachteilen veröffentlichen sollen.

Wir wünschen dir ein erfolgreiches Produktionsjahr.

Dein Ensider:Team
(Autor: Markus Vogelbacher, Bild: © Image by Placidplace / Pixabay, 2024)