Hinterher ist man immer schlauer. Mit nachträglichen Erklärungen sind wir schnell bei der Hand. Das gilt für die Euro2024, Börsenkurse und Kinoerfolge. Im Vorhinein ein Ursache-Wirkungs-Verhältnis oder gar eine Risikofolgenabschätzung festzustellen, ist eine hohe Kunst, die Produktioner*innen jeden (Dreh-)Tag ihren Entscheidungen zugrunde legen. Politik und Wirtschaft könnten so viel lernen und Fehlentscheidungen vermeiden. Ein auf Erfahrung erlerntes Bauchgefühl weist einen Weg mit hoher Trefferquote. Aus Vergangenheitswerten Szenarien zu futurisieren, ist häufig zum Scheitern verurteilt. Und die Realität ist sehr nahe am Projektgeschäft, weil viele Abläufe individuell und wenig standardisierbar sind.

Wir versuchen, unsere Meinung durch aktuelle Erkenntnisse zu bestätigen und Zusammenhänge herzustellen, auch wenn diese gar nicht existieren. Neue Informationen, die unserer Überzeugung entgegenstehen, blenden wir aus. Unser Gehirn arbeitet immer im Assoziations-Modus. Dadurch erscheinen uns Ereignisse logisch und weniger beängstigend. Bei vorgefasster Meinung versuchen wir, diese zu bestätigen. Passieren mehrere Ereignisse gleichzeitig, stellen wir eine vermeintliche Korrelation her.

„The Swimmer Body Illusion“ ist so ein typisches Phänomen: Wir bewundern den Körper von Schwimmsportler*innen und starten selbst mit dem Schwimmen, um unseren eigenen Körper zu formen. Daraus wird nichts, egal wie viel wir trainieren, denn der Sportler hat nicht den Körper vom Schwimmen, sondern die körperlichen Merkmale ermöglichen erst den Erfolg im Sport. Das ist einer, von 52 Denkfehlern, die Rolf Dobelli in „Die Kunst des klaren Denkens“ vorstellt (übrigens auch als Hörbuch im kostenlosen Probeabo von Audible).

Gerade deshalb war die Panel-Diskussion „Talent Summit“ beim Filmfest München letzte Woche so spannend. Über neue Tech-Tools und spannende Einsatzmöglichkeiten finden sich viele Artikel auf Ensider.de, aber wie sieht eigentlich die Alltagsrealität aus? Wie aktiv nutzen unterschiedlich Beteiligte Künstliche Intelligenz in ihrem Alltag? Was wird wirklich besser durch Technologie und wer hat selbst schon die Möglichkeiten getestet? Die Schauspielerin Daniela Kiefer, Bloggerin und Produktionsmanagerin Laura Klein und Filmförder-Spezialistin Annelena Köhler hatten unterschiedliche Erfahrungen gemacht und ließen das Publikum an ihren Gedanken teilhaben. Prof. Corinna Mehner von der HFF und, wie Annette Reeker, Erfolgsproduzentin berichtete über die schier unbegrenzten Möglichkeiten, bei deren Erforschung vieles noch am Anfang stehe. Die HFF greift dafür auf Erste-Hand-Wissen zurück, mit einer eigenen Professur für KI. Thorsten Schaumann erläuterte auch den Einsatz von KI bei den internationalen Hofer Filmtagen.

Szenenapplaus erhielt Laura Klein für ihre Arbeit als Bloggerin bei „Stories of Her“, die Opfern sexualisierter Gewalt eine Plattform geben. Annette Reeker berichtete über ihre Anfänge in der Filmwelt und wie sich das Frauenbild, aber auch das Selbstbewusstsein bereits verändert habe. Die Panelist*innen waren sich einig, dass es trotzdem noch viel Luft nach oben gibt. Mit welchen Maßnahmen Gerechtigkeit die beste Wirkung entfaltet wird, konnte auch in dieser hochkarätigen Runde nicht abschließend geklärt werden.

Beim nächsten Executive Networking in München am 24.07.2024 bietet sich Ensider:Partnern die Gelegenheit, über die neuesten Entwicklungen bei Förderung und internationalen Produktionen zu diskutieren.

Dein Ensider:Team
(Autor: Markus Vogelbacher)

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