Seit seiner Gründung 2017 hat sich Neon als eine der einflussreichsten Stimmen im Independent-Film etabliert. Mit einer beeindruckenden Erfolgsserie bei internationalen Festivals – darunter fünf aufeinanderfolgende Goldene Palmen in Cannes, unter anderem für „Parasite“ und „Anora“ – hat das Unternehmen ein unverkennbares Profil als Förderer künstlerisch anspruchsvoller, auteurgetriebener Filme.
Doch hinter dem Ruhm verbirgt sich ein komplexes Geschäftsmodell. Während viele Wettbewerber nach dem Kinostart der Pandemie in finanzielle Schwierigkeiten gerieten, setzte Neon konsequent auf sorgfältig geplante Kinostarts, flexible Video-on-Demand-Fenster und den Ausbau eigener Produktionen. Ein finanzieller Kraftakt: Neon sicherte sich 2024 eine Kreditlinie von 200 Millionen US-Dollar, um das Wachstum zu finanzieren und Liquidität zu sichern.
Die Erfolgsstrategie basiert auf einem ausgewogenen Mix aus Kinoauswertung, Pay-1-Lizenzierungen mit Streamingpartnern wie Hulu sowie strategischer Nutzung von SVOD-Angeboten. Neon vermeidet rigide Premium-VOD-Fenster und passt die Veröffentlichungszeiten flexibel an die jeweilige Marktlage an. So konnte etwa der Film „It Follows“ dank eines späteren PVOD-Starts seine Einnahmen maximieren.
Neon hat es geschafft, die Festivalerfolge in eine solide Geschäftsgrundlage zu verwandeln. Die Akquisitionen von Preisträgern wie „Parasite“ und „Titane“ erfolgen oft schon auf der Drehbuchebene, was dem Label erlaubt, die Filme strategisch für lange Kinostarts und anschließende digitale Vermarktung vorzubereiten. Auch die Expansion in die Eigenproduktion und der Aufbau einer eigenen internationalen Vertriebsabteilung zeigen, dass Neon mehr Kontrolle über seine Wertschöpfungskette anstrebt.
Trotz all dieser Erfolge steht Neon vor großen Herausforderungen: Der schrumpfende Kinomarkt, hohe Kosten für Preis- und Marketingkampagnen sowie der zunehmende Wettbewerb im Streaming-Bereich belasten das Geschäftsmodell. Die Abhängigkeit von externem Kapital verdeutlicht, dass Neons Balanceakt zwischen künstlerischem Anspruch und finanzieller Nachhaltigkeit fragil bleibt.
Neon bleibt ein wichtiger Impulsgeber im Independent-Kino – doch wie lange sich der aktuelle Kurs in einem sich rapide wandelnden Markt halten lässt, bleibt offen.
FILMTAKE berichtet ausführlich.