Ein Tsunami aus Geld flutet die Kreativwirtschaft. Es sind nicht die Produktionsvolumen von Sendern und Streamern, die die Auftragsbücher füllen. Weder Fördergelder noch Lizenzerlös-Garantien beflügeln die Eigenproduktionen. Kapital strömt mit brachialer Gewalt in die Branche, um Eigentum an Unternehmen zu erwerben. Der Wille, Anteile zu verkaufen oder ganze Unternehmen zu veräußern, werden durch steigenden Kostendruck, sinkende Margen, schlechtes Konsumklima in der Werbewirtschaft und träge Filmförderpolitik gesteigert. Ein weltweiter Trend. Die amerikanische Fachpresse beschäftigt sich seit geraumer Zeit mit der Zukunft von Paramount. MGM war bereits von Amazon übernommen worden, 20th Century Fox von Disney. Was dort passiert, erwartet uns auch hier: Konsolidierung. Innerhalb der nächsten zwei Jahre könnte sich die Anzahl der Produktionsunternehmen und Dienstleister faktisch halbieren. Der richtige Zeitpunkt, um sich mit den Themen „Entwicklung in den USA“ als Prognosemesser für Deutschland, „Unternehmensverkauf“ und „Unternehmensentwicklung“ zu beschäftigen.
Seit etwa 10 Jahren bieten International Film Partners Delegationsreisen nach Los Angeles an. Konkrete Aufträge sind dabei längst nicht die Hauptintention. Vielmehr möchten Teilnehmende verstehen, welche Veränderungen in den USA die Diskussion bestimmen. Der große Serientrend, Nachhaltigkeitskonzepte und neue Lizenzierungsformen entstehen dort. Technologischer Vorreiter ist dabei stets San Francisco mit dem nahegelegenen Silicon Valley und der Bay Area. Die weltgrößten Verwertungsunternehmen können wohl unter dem Schlagwort „Hollywood“ zusammengefasst werden, auch wenn damit der Großraum Los Angeles als zweitgrößter Ballungsraum der USA gemeint ist. Geld hat in Amerika schon immer den Weg gewiesen und die Spur in die Zukunft gelegt. Die Auswirkungen der großen Transaktionswelle spüren wir jetzt auch hier.
Kaum eine Woche vergeht, in der keine großen und kleinen Transaktionen gemeldet werden. Gleichzeitig steigt die Zahl der Insolvenzen an. Als Vorbote sehen die Bonitätsportale eine Verschlechterung der Zahlungsmoral. Die Tage, um die die Zahlungsfrist überschritten wird, die Over-Due-Days, beschreiben den Zustand der aktuellen Wirtschaft am besten. Starke und große Unternehmen haben dabei bessere Reaktionsmöglichkeiten als ein Kleinunternehmen. Der Druck, sich als kleines Unternehmen einem Konzern oder einer Unternehmensgruppe „anzuschließen“, steigt. Die immer stärker sanktionierten Verwaltungs- und Dokumentationspflichten stellen für kleine Unternehmen eine weitere Herausforderung dar, die zusätzlich zu Akquisition, Entwicklung und eigentlicher Geschäftsführung das Stresslevel erhöht. Welche konkreten, persönlichen Haftungsrisiken Entscheidungsträger*innen fürchten sollten, wird im Juni bei einem Ensider Production Executive Networking in München durch den führenden Fachreferenten, Prof. Dr. Josef Scherer, erläutert.
Die Aufgabe selbstständiger Unternehmen führt schnell zu substanziellen Fragen, zuallererst nach dem Wert des Unternehmens. Sowohl bei einer Insolvenz als auch beim Verkauf von Unternehmensanteilen sollte man dafür eine solide Einschätzung besitzen. Gerade bei der Bewertung komplexer Wirtschaftsgüter und projektorientierter Unternehmen versagen die üblichen, von Steuerberatungen praktizierten Bewertungen nach Erlösen der Zahlungsflüssen. Die smarte Kombination etablierter Verfahren führt dennoch schnell zu einer Bandbreite. Den konkreten Unternehmenswert entscheidet letztlich ohnehin der Markt, der Kompromiss von Angebot und Nachfrage.
Obwohl viel Geld in den Markt drängt und sich damit die Frage nach Kaufpotenzial nicht stellt, nutzen Investoren die schlechte Konjunktur aus. Der Gewinn liegt im Einkauf. Das setzt auch attraktive Unternehmenswerte unter Druck. Entscheidend sind dann oftmals auch Controlling-Strukturen und Nachhaltigkeitsberichtswesen, sowie integrierte Managementsysteme. Durch solche Instrumente können Dritte leichter Risiken und Chancen bewerten. Die Reduktion von Wahrscheinlichkeits-Bandbreite erhöht letztlich die Bereitschaft für einen höheren Kaufpreis.
Für die nächsten beiden Jahren ist in jedem Fall ein wacher Blick gefragt. Die Lücke erkennen, Chancen identifizieren und solide Partnerschaften überbrücken das Zeitfenster bis zur Verbesserung der Auftragslage und Projektfinanzierung. Die langfristige Prognose für die Kreativwirtschaft ist gut. Nur aus diesem Grund drängt so viel Geld in diesen Markt. Digitale Kulturwirtschaft kommt mit wenig Ressourcenverbrauch aus, hat eine lange Nutzungsdauer und kann damit ein echt nachhaltiges Wachstum darstellen – ein Wachstum, das für Wohlstand überall auf der Welt dringend gebraucht wird. Kreativität ist endlos, ganz anders als unsere irdischen Ressourcen.
Dein Ensider:Team
(Autor: Markus Vogelbacher)