Das Eigentum an Unternehmen der Kreativwirtschaft wird sich stark verändern. Bei einem der größten europäischen Investoren-Kongresse in Berlin letzte Woche diskutierten die führenden Marktteilnehmer*innen über mögliche Investitionsmöglichkeiten, Refinanzierung und Nachhaltigkeit. Gerade kleinere und mittlere Unternehmen rücken vermehrt in den Fokus. Der „Dealflow“, also die Schlagzahl an Transaktionen, war eines der wichtigsten Themen. Durch fehlende Neuinvestitionen verlängert sich die durchschnittliche Haltedauer. Viele Investoren sorgen sich zudem um die Refinanzierung ihrer Investitionsvolumen und geraten deshalb zunehmend unter Investitions-Druck. Eine Chance für den Mittelstand und auch für die Filmwirtschaft.
Werden Unternehmen in Deutschland traditionell über Bankdarlehen finanziert, teilweise mit Förderprogrammen unterlegt, investierten im Rest der Welt Privatpersonen und professionelle Anleger in Unternehmen. Neben Aktien bestehen dafür viele Möglichkeiten, auch für Beteiligungen an nicht börsennotierten, kleineren Unternehmen. Regulierung und Erfahrung hält den Trend, hin zu Eigenkapitalbeteiligungen, auch in Deutschland nicht auf. Das Chancen-Risiko-Profil und eine unabhängige, beratende Begleitung bergen jedoch für Privatpersonen individuelle Herausforderungen.
In gemeinsamen Strukturen, wie sogenannten Kapitalanlagegesellschaften, Fonds oder Beteiligungsunternehmen, übernehmen Profis die Vermögensverwaltung. Die Anleger profitieren von der staatlichen Regulierung des einstigen, grauen Kapitalmarkts. Unternehmensbeteiligung bergen auch operative Risiken, bieten aber gleichzeitig Renditechancen, die regelmäßig und langfristig über der Inflationsrate liegen. Um ein Klumpenrisiko mit einigen, wenigen Aktien zu vermeiden, bieten die beliebten ETFs oder aktiv verwaltete Fonds eine gute Alternative. Mit betriebswirtschaftlichem Wissen kann auch die direkte Beteiligung an einem Unternehmen interessant sein. Auch hierfür bietet der Staat, zum Beispiel über das Programm BAFA Invest, Anreize.
Finanzprofis aus diesem Segment treffen sich regelmäßig bei der Superreturn International, die letzte Woche wieder in Berlin stattfand. Das Geschäft der Kapitalanleger ist schnell erklärt: Sie kaufen Unternehmensanteile von verschiedenen Unternehmen mit Wachstums-Chancen. Nach dem Erwerb werden weitere, ähnliche Unternehmen „dazu“ gekauft, nicht lukrative Geschäftsbereiche abgestoßen oder eine strategische Neuausrichtung veranlasst. Nach einer Haltedauer von einigen Jahren werden die restlichen Anteile entweder übernommen oder die bestehenden Anteile weiterverkauft. Für die verschiedenen Strategien und Phasen haben sich Marktteilnehmer spezialisiert und sprechen, mit dem jeweiligen Chancen-Risiko-Profil, Geldgeber an. Das so eingeworbene Kapital wird häufig über Kredite vergrößert, also gehebelt.
Das System funktioniert gut, wenn Bankzinsen niedrig und Konjunkturdaten hoch sind. In den letzten Jahren musste diese Branche deshalb bereits harte Einschnitte hinnehmen. Eine Chance für potente Unternehmen, die nun direkt Marktbegleiter übernehmen konnten. Aus ihrer eigenen Substanz heraus oder durch die Möglichkeit des Einbringens von Fachressourcen, Synergien und Kompetenzen formen sich aus mehreren kleinen Playern so unter Umständen Größere, die dann von besserer Verhandlungs- und Marktmacht profitieren. Ihre Resilienz und Effizienz steigen.
Der PE-Markt (Private Equity = Eigenkapital-Investoren) steht nun vor der Herausforderung nur langsam sinkender Zinsen in Europa und einer kurzfristig stabilen Zinslage in USA. Die Konjunkturschwäche verhindert großes Wachstum in kurzer Zeit und die Risiken steigen. Für die Einflussnahme in einem großen Unternehmen ist mehr Kapitalbedarf als bei einer Beteiligung bei Kleineren. Der Aufwand steigt jedoch mit der Überprüfung kleinerer Strukturen, da nicht nur die Anzahl Ressourcen frisst, sondern auch die schlechtere Datenqualität je kleiner ein Unternehmen ist. Letzteres gleicht jetzt aber KI aus und ermöglicht damit für kleinere Unternehmen den Zugang zu neuen Investoren.
Durch den erwähnten Anlagedruck bestehen so realistische Möglichkeiten, das eigene Unternehmen weiterzuentwickeln. Dabei gibt es verschiedene „Ticketgrößen“, also Investitionsvolumen, die ihrerseits von Spezialisten verwaltet werden. Wir geben einen kurzen Überblick:
Eine Vielzahl an Unternehmer*innen hat sich in Investmentclubs und über kleinere Plattformen organisiert. Mit Investitionen und eigenkapitalähnlichen Nachrangdarlehen bieten sie meist Investitionen von € 100.000 bis € 1,5 Mio. an.
Klassische PE-Strukturen und institutionelle Investoren waren in der Regel erst ab einer Größenordnung von € 50 Mio. anspielbar. Bereits seit Corona werden Investitionen ab € 20 Mio. geprüft. Die neueste Entwicklung öffnet nur den breiten Markt auch für Tickets ab € 5 Mio. Werden mehrere, unterschiedliche Unternehmen bereits mit einem gemeinsamen Konzept als Portfolio angeboten, um in einem Preissegment von über € 10 Mio. zu landen, erhöhen sich die Chancen stark, entsprechende Aufmerksamkeit zu erhalten.
Die Voraussetzungen für Unternehmen sind nicht kompliziert. Zunächst sollte eine realistische Marktwertschätzung erfolgen. Hier wird der Unternehmenswert über klassische Verfahren ermittelt und mit dem individuellen Chance-Risiko-Profil justiert. Nachhaltigkeit und Compliance spielen hier eine essenzielle Rolle. Der eigene Steuerberater kann unterstützen, dient aber meist lediglich höchsten zu einer ersten Indikation, nach objektiven Kriterien. Den subjektiven Wert für potenzielle Investoren darf dieser gar nicht feststellen.
Sowohl an den Entwicklungen in USA als auch mit den jüngst gemeldeten Fusionen und andererseits den steigenden Insolvenzzahlen kleiner Unternehmen in Deutschland wird man sich auch hier auf starke Veränderungen der Besitzverhältnisse einstellen müssen. Durch die erschwerten Zugänge zu Bankdarlehen, die ja stets aus dem versteuerten Nettogewinn des Unternehmens zurückzuführen sind, werden deutsche Unternehmen künftig international nicht wettbewerbsfähig bleiben können.
Dein Ensider:Team
(Autor: Markus Vogelbacher)