Die Wallstreet hat dem Zollkrieg des US-amerikanischen Präsidenten wohl zunächst eine Pause verschafft. Sinkende Wachstumsprognosen nimmt die Politik besser zur Kenntnis, auch in den USA. In Deutschland erleben wir eine neue Politik, die Unternehmen Stabilität und Planungssicherheit verspricht. Mit Wolfram Weimer hat die „Branche“ zudem einen waschechten Unternehmer im BKM als Fürsprecher für Entbürokratisierung und wirtschaftliche Nachhaltigkeit gewonnen. US Präsident Trump hinterlässt derweil mit seiner Ankündigung von Zöllen auf „ausländische“ Filme erst Ratlosigkeit und dann ein Echo der internationalen Film-Community. Ob damit das Thema bereits erledigt ist, darf bezweifelt werden. Deshalb bleiben die Fragen, die man aus Koproduktions-Abkommen kennt, wann ein Film amerikanisch oder eben nicht-amerikanisch ist – und auf was überhaupt Zölle erhoben werden sollten. Funfact: Die USA konnten sich noch mit keinem anderen Land auf solch ein Abkommen einigen. 
 

Orientiert man sich tatsächlich entlang der Definitionen in Koproduktions-Abkommen, wären wohl gar nicht so viele Filme betroffen – oder eben doch – man weiß es nicht. US Präsident Donald Trump möchte aber wohl insbesondere Dreharbeiten und technische Bearbeitung zurück ins Land holen. Produktionen suchen sich, wie wir das in Deutschland nur allzu gut kennen, Länder mit einem attraktiven Mix aus zuverlässiger Technik, ausreichend Fachkräften und, insbesondere, Filmförderung. Letztere muss zuverlässig, einfach zu beantragen und im besten Falle ungedeckelt sein, also auch großen Projekten ausreichend Spielraum geben.

Warum ist gerade die Herstellung so ein wichtiger Faktor? Die Antwort geben regelmäßig die Publikationen von Olsberg SPI, dem globalen Marktführer für Wirksamkeits-Studien zu Film-Incentives. Der „Ripple“-Effekt führt zu einer Vielzahl an positiven Auswirkungen für einen Standort. Neben dem unmittelbaren, steuer- und wirtschaftlichen Mehrwert durch die Ausgaben für die jeweilige Produktion und dem Konsum durch bezahlte Gehälter der Filmcrew vor Ort, mit einigen Marketingeffekten, entfaltet die Entscheidung über den Ort der Herstellung nachhaltige Standorteffekte.

Professionelle Filmschaffende und technische Dienstleister vor Ort binden Kompetenz und erst die Möglichkeit zur Wertschöpfung an einem Standort. Gerade technische Betriebe gewährleisten durch projektübergreifende Investitionen und langfristig festangestellte Mitarbeitende für die nötige Kontinuität. Genau deshalb zielen die Incentives der meisten Länder weltweit auf den sogenannten „local spend“, also die Ausgaben in der Förderregion. Produktionsunternehmen sind primär projektgetrieben, was sich einfach in der Ratio von langfristig Festangestellten und auf Produktionsdauer Beschäftigten ablesen lässt. Die hohe Skalierfähigkeit zeichnet diese Unternehmen aus und stellt sie gerade deswegen oft vor regulatorische Herausforderungen, die sich an der durchschnittlichen Anzahl von Beschäftigten ausrichten und nicht an der faktischen Unternehmensgröße.

Die Nachhaltigkeit von Förderstrategien lassen sich einfach überprüfen. Die MFG in Baden-Württemberg hat früh gezielt VFX- und Animationsunternehmen adressiert. Die Dichte dieser Betriebe mit der Anzahl an Beschäftigten, Ausbildungsmöglichkeiten und dem Know-How-Transfer in andere Branchen ist wohl deshalb Europaweit überdurchschnittlich, obwohl der Südwesten nicht zu den traditionellen Standorten von Filmstudios zählte. Studio Babelsberg und Bavaria Studios, beide weit vor der Bundesrepublik gegründet, bilden seit Jahrzehnten ein natürliches Ziel für Filmschaffende, Referenzprojekte und letztlich Synonyme professioneller Filmwirtschaft. Auch „Pinewood“ oder „Barrandov“ stehen für Filmherstellung und nicht für Content.

Allerdings: „Hollywood“ ist „Film“, obwohl die meisten Filme der Majorstudios gar nicht dort gedreht werden. Infrastruktur ohne Inhalt ist wertlos. Der im Koalitionsvertrag (wieder) angelegte duale Ansatz, Produktionsunternehmen primär über Investitionsverpflichtungen der Programmanbieter und die Wettbewerbsfähigkeit des Filmstandorts Deutschland mit einem einfachen, automatischen System zu stützen (Tax Incentive), ergänzt das föderale Kulturförderangebot.

Wichtig für die Akzeptanz des sogenannten Tax Incentive ist die faktische Wirksamkeit für Produktionsunternehmen. Das betrifft den Umfang der geförderten Leistungen, die Einfachheit der Administration des Fördervorgangs, aber insbesondere die unmittelbare Liquiditätswirkung. Modelle, die über Intermediäre zwischenfinanziert werden müssen, sind in Deutschland für unabhängige Unternehmen kaum mehr zugänglich und würde somit die Gesamtwirkung der Maßnahme beeinträchtigen.

Euer Markus Vogelbacher

und das Ensider:Team

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