Die neue US-Administration irritiert den „Westen“ mit einer Neuinterpretation des freiheitlich-demokratischen Wertesystems und sorgt wohl zunehmend auch im eigenen Land für Verunsicherung. Die Anzahl abwanderungswilliger Projekte und Unternehmen steigt. Davon profitiert auch Deutschland. War die hiesige Förderung vor kurzem noch unbeliebt im internationalen Vergleich, haben sich die globalen Rahmenbedingungen geändert. Der sehr kurzfristige Ausfall der österreichischen Förderung hat das Vertrauen in unser Nachbarland erschüttert und sorgt für kurzfristige Relokationen. Und selbst beim angstbesetzten Thema KI bietet nun der neue Tarifvertrag einen konstruktiven Blick auf die Chancen und vermag die Risiken, besser zu beherrschen. Nicht aus der Presse oder Internetblogs, sondern aus persönlichen Begegnungen und Gesprächen zog die Branche neue Motivation aus erster Hand. Die Berlinale hat wieder einmal den internationalen Austausch gefördert und die Planungsstrategien für 2025 mit positiven Fakten untermauert.
Der Abwanderungstrend war bereits seit geraumer Zeit von der US-amerikanischen Fachpresse beschrieben worden. Auch bei der Delegationsreise im November war deshalb das Interesse an europäischen Produktionsmöglichkeiten ausgeprägt. Österreich hatte eindrucksvoll bewiesen, welche Anziehungskraft ein gutes Förderkonzept entfalten kann. Innerhalb kürzester Zeit verortete sich das relativ kleine Land unter den Top-Locations in Europa, neben UK, Ungarn und Tschechien. Deutschland, durch verzögerte Reformen und schlechte Kommunikation, fehlte eine solide Basis für planungssichere Entscheidungen. Inzwischen gibt es ein überarbeitetes FFG und die Signale aus den meisten Parteien über die Bereitschaft, auch deutlich mehr zu wagen – nach der Wahl.
Die politische Situation in Österreich erschwerte wohl die kurzfristige Ausräumung eines Problems mit der europäischen Regulatorik. Wie zu hören war, mussten schnell hohe Summen im Staatshaushalt eingespart werden und dabei war die erfolgreiche Filmförderung wohl Teil des Kollateralschadens. Der Reputationsschaden ist nun in der Welt und führt, zumindest kurzfristig, zu einem Zuwachs an Produktionsanfragen. Service- und Koproduktionen waren ein großes Thema im Berliner Festivalzirkus. Dreharbeiten in Deutschland sind die Basis für die Produktionskompetenz, die Bindungskraft für Fachkräfte und auch die Absicherung der technischen Betriebe, die stets mit ihren Investitionen in die Vorleistung für einen funktionierenden Filmstandort gehen. Man darf berechtigt hoffen.
Neben der allgemeinen wirtschaftlichen Situation rückte im letzten Jahr der Einfluss von künstlicher Intelligenz in den Mittelpunkt vieler Filmschaffender. Gerade in der Filmwirtschaft scheinen die Einsatzmöglichkeiten grenzenlos. Das löst nicht nur Begeisterungsstürme aus und verunsichert ganze Gewerke. Heute zeigt sich jedoch immer mehr, wo der Einsatz neuer Technologien sinnvoll zu mehr Qualität und besserer Wettbewerbsfähigkeit beitragen kann. Die mittelfristige Zukunft von KI liegt ganz offensichtlich in unterstützenden Prozessen, der Steigerung bei Planung und Entwicklung, sowie bei der Konfektionierung.
Eine Investition in ein Filmprojekt basiert auf der Annahme, dass Leistungsschutzrechte weltweit über Jahrzehnte ausgewertet werden können. Regulatorische und rechtliche Unsicherheiten gefährden die Werthaltigkeit einer solchen Investition und können im schlimmsten Fall zum Totalverlust führen. Eine gute Nachricht für Schauspieler*innen und andere Kreative, deren Wirkungsbereich im Bild zu sehen ist. Die Verwertungsrechte der von Menschen erschaffenen Werke sind rechtssicher und etabliert in der Verwertung abbildbar. Bei künstlich generierten Inhalten bestehen diese Unsicherheiten.
Nicht ganz so relevant ist dieser Aspekt allerdings bei Kurzformaten oder Inhalten mit kurzer Verwertungsdauer. Gerade in der Vorbereitung und Entwicklung leistet KI bereits heute fantastisches. Endlich werden Entscheidung auf der Basis von sichtbarer Previsualisierung und verschiedenen Varianten getroffen, anstatt auf einer reinen Textbasis von Drehbuch und Konzepten. Für audiovisuelle Endprodukte ist das Prinzip des Prototypings und der visuellen Vorplanung entscheidend für eine Absicherung der Qualität.
Gemäß dem Ensider-Motto „wissen, kennen, treffen“ tauschten sich Branchenteilnehmerinnen und -teilnehmer bei den verschiedenen Netzwerkveranstaltungen aus. Hinter uns liegen intensive Wochen mit der „Filmszene Bayern auf Eis“, dem „Executive Networking“ bei Plazamedia, dem „AI Fusion in Film + TV“ in Berlin, dem „Ensider Production Breakfast – Berlinale“ und dem gestrigen „Green Tec Day“ des VTFF.
Wir wünschen allen Partnern einen guten Ausklang der Berlinale.
Euer Markus Vogelbacher – und das Ensider:Team